Die Daumenregel kennt jeder: Nach einer Krankheit braucht man mindestens die doppelte Pausierungszeit, um wieder auf den vorherigen Trainingsstand zu kommen. Ganz so pauschal lässt sich das jedoch nicht sagen, da unheimlich viele Faktoren mit reinspielen: Art und Dauer der Krankheit, vorheriger Trainingszustand, Trainingsjahre, die bereits in den Beinen stecken, Alter, … und natürlich Trainingsprogramm und -einstellung zum Wiedereinstieg!
Da ich selber nach meiner letzten 3-wöchigen Erkältungspause unsicher war, welche Trainingseinheiten dabei helfen, möglichst schnell wieder auf den vorherigen Stand zu kommen, habe ich mich ein wenig informiert und dann einfach ausprobiert, was sich für mich gut und sinnvoll anfühlt.
Im Folgenden stelle ich ein beispielhaftes Wiedereinstiegsprogramm vor, dass ich so ähnlich (ein bisschen unvernünftiger und unstrukturierter) durchgezogen habe. Schon nach 3 Wochen war ich wieder auf dem Pre-Krankheits-Trainingsstand. Yeah!
Das Wichtigste jedoch: Höre immer auf deinen Körper und reduziere bei Zeichen der Überforderung das Training!
In der Aufbau-Phase ist weniger mehr, du willst ja nicht gleich wieder auf der Nase liegen oder eine Herzmuskelentzündung riskieren. Achte auch ganz besonders auf genügend Schlaf sowie vitamin-, mineralstoff- und eiweißreiche Ernährung – und futtere ruhig wieder mehr (gesunde) Kalorien als in der Krankheitsphase.
In meinem Beispiel gehe ich von einem (leistungsorientierten) Läufer aus, der zuvor standardmäßig ca. 3 Laufeinheiten und 40 Wochenkilometer inklusive klassischer Einheiten wie Tempodauerlauf, Intervalle und langer Lauf absolviert hat. Nun musste er 3 Wochen wegen einer deftigen Erkältung aussetzen: die ersten 2 mit akuten Symptomen, die letzte Woche mit täglicher Besserung, Absetzen der Medikamente und komplettem Abklingen der Symptome. Nun fühlt er sich wieder richtig gesund und hat auch das ärztliche „Go“ zum Sporttreiben.
1. Woche: Langsames GA1-Training mit gesteigerten Umfängen
In der 1. Trainingswoche solltest du nur im GA1-Bereich trainieren, um den Körper nicht zu überfordern und langsam wieder an sportliche Aktivitäten zu gewöhnen. Idealerweise nach Herzfrequenz laufen – nicht nach der gewohnten GA1-Pace!
Zwischen den Lauftagen sollte je mindestens ein lauffreier Tag liegen. Das Training kann mit 1-2 Stabieinheiten und leichtem Krafttraining komplementiert werden. Empfehlenswert sind Übungen, die die Muskeln wieder „aufwecken“, ohne das Herzkreislaufsystem zu sehr zu belasten, also z.B. normale Kniebeugen statt Kniebeugen mit Sprung, Liegestützen statt Burpees, etc. Beim Training mit Gewichten ruhig etwas weniger Gewicht als zuvor auflegen.
Auch ein ruhiges Alternativtraining ist möglich, z.B. eine lockere Schwimm- oder Radeinheit.
Beispielwoche 1:
Montag: Langsamer GA1-Lauf, 6-8 km
Dienstag: Lockeres Stabi-/Krafttraining
Mittwoch: Langsamer GA1-Lauf, 8-12 km
Donnerstag: Ruhetag
Freitag: Locker Schwimmen + optional lockeres Stabi-/Krafttraining
Samstag: Langsamer GA1-Lauf, 14-16 km
Sonntag: Ruhetag
2. Woche: Lockeres GA1/GA2-Training mit Schnelligkeitsspritzen
Auch in der zweiten Woche solltest du es noch nicht übertreiben – darfst das Tempo aber langsam etwas anziehen. Auch kurze Sprints oder moderate Intervalle kannst du nun integrieren, um die schnellen Muskelfasern anzuteasern. Stabi- und Krafttraining kannst du nun wieder an das vorherige Niveau anpassen – die Muskeln melden sich schon, wenn eine weitere Wiederholung oder ein höheres Gewicht nicht machbar sind.
Alternativsportarten sind (wie im normalen Trainingsalltag) empfehlenswert, aber optional.
Beispielwoche 2:
Montag: Lockerer GA1-Lauf, 8-10 km, mit 4-6 Steigerungsabschnitten über 200 m
Dienstag: Stabi-/Krafttraining
Mittwoch: Locker Radfahren (< 2h)
Donnerstag: 6x 500m-Intervalle im vorherigen 1000m-Intervalltempo, 300 m Trabpausen; oder Tempowechsellauf 5x je 500 m 10km-Renntempo + 5-10 Sek. / 500 m GA1 locker (+ lockeres Ein- und Auslaufen)
Freitag: Ruhetag
Samstag: Stabi-/Krafttraining
Sonntag: Langsamer GA1-Lauf, 14-18 km, am Schluss 3 Steigerungen über 100 m
3. Woche: Back-on-track-Check
Wenn du die Einheiten der letzten 2 Wochen gut verkraftet hast und das Bedürfnis nach „Mehr!“ spürst, kannst du dich jetzt an die vorige Form herantasten (alle anderen: bei GA1- oder moderaten GA2-Einheiten bleiben und erst steigern, wenn der Körper es verlangt).
Stabi-, Kraft- und Alternativtraining nun wie zuvor gewohnt wieder aufnehmen.
Jetzt kannst du testen, ob du wieder „back on track“ bist oder dir die Zeit gönnen solltest, noch 1-2 weitere Wochen den Fokus auf Wiederaufbau statt Leistungssteigerung zu legen.
Beispielwoche 3:
Montag: Ruhetag
Dienstag: 10x 400m-Intervalle im vorherigen 400m-Intervalltempo (ggf. ein paar Sekunden langsamer), 200m Trabpausen (+ lockeres Ein- und Auslaufen)
Mittwoch: morgens Schwimmen, abends Stabi-/Krafttraining
Donnerstag: Ruhetag
Freitag: Tempodauerlauf GA2, 10 km
Samstag: Radfahren + Stabi-/Krafttraining
Sonntag: Langsamer GA1-Lauf, 20 km, am Schluss 3 Steigerungen über 100m
Viel Erfolg beim Wiedereinstieg – und schön gesund bleiben!

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Welche Trainingseinheiten oder -programme kannst du für die Wochen nach einer Krankheit empfehlen? Welche Erfahrungen hast du beim Wiederaufbau der Trainingsform gemacht?
Ich freue mich auf Gedanken & Anregungen! 🙂