Rund 11.000 Teilnehmer gingen beim 33. Haspa Hamburg Marathon am 29.04.2018 an den Start. Auch ich war beim größten deutschen Frühjahrsmarathon mit dabei und feierte unter idealen Bedingungen und mit gut gelaunten Beinen meine Straßenmarathon-Premiere.
Die Hummeln im Hintern so zum Mann mit dem Hammer: „Klei mi an mors, du Smeerbüdel!“
Spoiler vorab: Für mich hätte der Hamburg Marathon nicht besser laufen können. 8 konstante 5km-Splits, eine leicht schnellere 2. Hälfte, angestrebte Zielzeit von 3:17 Stunden um 2 Minuten übertroffen!
Zwischenzeitliche Kreislaufprobleme und die unfreiwillige Halbierung meiner geplanten Gelzufuhr konnten der Sache zum Glück auch keinen Abbruch tun.
Jippi, an Tagen wie diesen… läuft’s.
Hamburg Marathon im Adrenalinrausch
An dieser Stelle würde ich euch jetzt gerne einen ausführlichen Bericht über die Strecke, Sehenswürdigkeiten und Publikums-Hotspots des Hamburg Marathon liefern.
Aber offensichtlich war ich in diesen 3:15 Stunden im sagenumwobenen Flow. Rückblickend fühlt sich der ganze Spaß wie ein Traum an, an den man sich nach dem Aufwachen nur noch bruchstückhaft erinnern kann.
Manche Streckenabschnitte und die Euphorie an einzelnen Zuschauer-Hotspots sind noch greifbar – ansonsten schwirren unzusammenhängende Erinnerungen an Verpflegungsstellen, Kilometermarken, Anstiege und blühende Allee-Bäume durch meinen Kopf.
Erkenntnis: Sightrunning im GA2-Bereich ist nur bedingt ergiebig.
Impressionen in Kompression
Der Tag davor: Ankunft in Hamburg mit den anderen (Halb-)Marathon-Ladies. Vorglühen mit Kiezmische, Startunterlagen abholen, Pastaparty, Hotel. Vorfreude, Anspannung und der Geruch hunderter feiernder St.-Pauli-Fans liegt in der Luft.
Raceday – der Morgen: Ziemlich gut geschlafen. Rosinenbrötchen-Frühstück im Hotelzimmer. Die Halbmarathonis werden auf die Strecke geschickt, die Marathonis relaxen in der Sonne. Dann wird’s ernst: Gepäckabgabe, Angst-Pipi, Pseudo-Einlaufen mit Pseudo-Steigerungen. Rein in Startblock D!
Km 1: Startschuss. Ich bin im Pulk. Der Pulk bestimmt das Tempo. Fühlt sich easy peasy an. Ups, ist ja auch zu langsam. Naja, es bleiben 41 km, um das wieder wett zu machen.
Km 3: Ich bin immer noch im Pulk. Bleibt das jetzt bis zum Schluss so? Der Pulk ist zum Glück etwas schneller geworden, die 3:15h-Pacemaker laufen genau meine 3:17h-Pace. Dann kann ich da auch erstmal dranbleiben.
Km 6: Wunderschöne Allee, blühende Mandelbäume, schicke Villen. Überall Zuschauer, Kinderhände abklatschen, gute Laune! Die feiern uns! Wir feiern uns! Wir feiern das Laufen!
Km 7: Stress! Verpflegungsstelle – Stau – überall Plastikbecher am Boden. Mist, Hälfte verschüttet, nur zwei Schluck getrunken, das muss beim nächsten Mal besser werden.
Km 11: 10km-Matte perfekt im Zeitplan überquert. Feeling: Super. Jetzt zur Belohnung eine Picknickpause – zumindest gedanklich. Gel 1 von 4. Ein Gaumenschmaus.
Km 11 (ein paar Sekunden später): Schiet, wo sind meine Gels hin? Eins steckt noch in der Gürtelschlaufe (schnell in die Hand damit). Die anderen sind auf mysteriöse Weise herausgerutscht. Davon lass ich mir die Laune nicht verderben. Dann wird nachher eben gegessen, was auf den (Verpflegungs-)Tisch kommt.
Km 13: Die Landungsbrücken. Was für eine bombastische Stimmung! Die Leute jubeln und klatschen, ich jubel und klatsche. Und laufe immer noch wie auf Wolken.
Km 15: Schwindelig. Kreislauf. Oh no: Verpflegungsstellen wegen „zu stressig“ ausgelassen, viel zu wenig getrunken! War’s das jetzt schon? Wie peinlich wäre das denn? Ab jetzt etwas Tempo raus und konsequent trinken. Der 3:15er Ballon verschwindet in der Ferne.
Km 16: Herrlich kühl im Wallringtunnel, aber unsäglich laut wegen dem Gepiepse der Zwischenzeiten-Matte am Tunneleingang. Es gibt Leute, die laufen Tunnel-Marathons. Das wär mir nix.
Km 18: Jungfernstieg, Binnenalster, Lombardsbrücke – sieht nett aus. Ich kann aber nur an Wasser denken. Mein Kopf ist woanders, meine Beine machen zum Glück trotzdem weiter. Endlich wieder eine Verpflegungsstelle! Ich bleibe stehen und trinke einen ganzen Becher.
Halbmarathonmarke: Ich bin gut in der Zeit. Eben gabs mein zweites Gel und zum ersten Mal eine Verpflegungsstelle mit Iso. Der Schwindel lässt nach, ich bin erleichtert. Aber auch angestrengt. Den Gedanken „Jetzt nochmal so viel…“ ersetze ich vehement mit „Ab jetzt kannst du runterzählen!“
Km 26: Bin voll ins Laufen und Zwischenzeiten-Berechnen versunken. Rechne immer noch mit 4:40‘/km, obwohl ich weiß, dass ich schneller laufe. Der Puffer gibt mir Sicherheit, die Sicherheit gibt mir Kraft. An jeder Kilometermarke aufs Neue.
Km 29: Ein KUKA-Kollege, der eigentlich beim 3:00er-Ballon mitlaufen wollte, läuft auf einmal neben mir. Erster Gedanke: „Cool, dann laufen wir ab jetzt zusammen!“ Zweiter Gedanke: „Warum ist er nicht beim 3:00er-Ballon?“ Oberschenkelprobleme, er steigt gleich aus. So ein Mist, das tut mir Leid. Immerhin zieht er mich noch einen Kilometer auf 4:25‘ – jetzt sind Beine und Geist wieder wacher!
Km 30: Ich versuche, ein am Verpflegungsstand aufgegriffenes Gel runterzubekommen. No chance! Viel klebriger und süßer als meine geliebten High 5’s. Also nur noch Iso und Wasser.
Km paarunddreißig: Die Motivation schwankt. Ich erinnere mich an eine Tipp, den ich kürzlich gelesen und für komisch befunden habe: Wenn’s mal schwierig wird, feuere die Zuschauer an! Ich komme durch eine Zuschauerkurve und klatsche und johle der Menge zu. „Haaamburg! Wohoo!“ Und die Zuschauer klatschen und johlen noch viel lauter zurück: „Svenja! Super! Weiter so!“ Einen hör ich sagen: „Na, die hat ja noch gute Laune!“ und muss lachen. Jetzt bin ich zwar außer Atem, aber immerhin ein paar Sekunden schneller auf den Kilometer als vor dieser Aktion.
Km 40: Hammer, knapp über 3:05 h! Meinen akribischen Berechnungen zufolge könnte ich nun richtig einbrechen und immer noch meine 3:17 h schaffen! Solche Gedanken machen mich tatsächlich schneller.
Km 41: Auf einmal taucht der 3:15er Ballon wieder in meinem Sichtfeld auf. Egal, Tempo halten. 1500 m Schlusssprint sind zu lang. Höre einen Zuschauer rufen: „Gleich geschafft, nur noch 2 km!“ Der spinnt ja wohl, bei so einem sensiblen Thema aufzurunden.
Km 42,195: Der Pacemaker winkt die Läufer vorbei, brüllt uns zu, jetzt nochmal Gas zu geben. Ich gebe alles. Zieleinlauf über den roten Teppich. Beep. Stop. Save. – Geschafft!
Hamburg Marathon 2018: Mein Fazit
Der Hamburg Marathon ist ein top organisiertes Event mit schöner Streckenführung und unheimlich vielen, motivierenden Zuschauern. Wieviel man davon letztlich mitbekommt, hängt vermutlich von der Kombination aus Trainingszustand und Zielzeit ab. Und dem Flüssigkeitshaushalt 😉
Für mich persönlich war der Hamburg Marathon eine sehr interessante Erfahrung. Ich bin mehr als zufrieden mit meiner Zeit und freue mich, dass meine sehr individuelle Trainingsplanung in den vorangegangen Monaten so gut aufgegangen ist.
So kann ich das Thema Straßenmarathon jetzt erstmal guten Gewissens stehen lassen. Off-road ruft…