Felsen, Steine, Flüsse, Sand, Wind… wer auf ausgefallene Rennen und technisch anspruchsvolles Terrain steht, ohne dabei auf ein jubelndes Publikum und tolle Stimmung verzichten zu müssen, ist bei der Surfers Challenge in East London, Südafrika, genau richtig. Für mich waren diese rund 18 km eines der bisher außergewöhnlichsten und anstrengendsten Laufevents – und definitiv eines der coolsten!
Was zuvor geschah…
Schon seit Jahren schwärmte der Vater meines Freundes uns von der legendären Surfers Challenge in East London vor. Er war bereits mehrfach mitgelaufen und wir scherzten immer wieder darüber, einmal gemeinsam daran teilzunehmen.
2017 machten wir dann ernst: Ein paar Tage vor dem Wettkampf am 18.02. flogen wir aus dem kalten, verschneiten Bayern an die East Coast von Südafrika. Uns erwartete heißes, schwüles Wetter – selbst für südafrikanische Verhältnisse waren die 35 Grad außergewöhnlich warm. Ein Akklimatisierungslauf am ersten Tag veranschaulichte uns den Einfluss des Wetters auf den Kreislauf und das Tempo – selten kamen mir 10 km so lang und anstrengend vor!
Als mich dann noch am Vortag des Laufes Halskratzen und Husten heimsuchten, beschloss ich, das Rennen definitiv locker anzugehen und den Fokus auf Spaß und Gesundheit anstatt auf den Wettkampfgedanken zu legen. So richtig Vorfreude wollte jedoch nicht aufkommen… warum genau wollten wir an diesem 18-km-Rennen in der prallsten Nachmittagssonne teilnehmen, anstatt einfach gemütlich in den kühleren Morgenstunden am Strand laufen gehen?
Three-two-one… run!
Wir fuhren zu dem recht abgelegenen Startpunkt des Rennens, einer Kuhweide an der Küste nördlich von Gonubie. Die Stimmung auf dem Startfeld war klasse und die Läufergemeinde bunt gemischt: Von südafrikanischen Top-Athleten bis zu eher gemütlich aussehenden älteren Herrschaften war alles vertreten.
Und der Wettergott war gnädig: Nachdem das Thermometer vormittags noch über 30 Grad gezeigt hatte, sanken die Temperaturen langsam und ein starker Wind kündigte das für den Abend angesagte Gewitter an.
So kam dann doch die gewohnte Wettkampfvorfreude auf und wir reihten uns selbstbewusst in den vorderen Reihen ein. Three-two-one… run!
Kilometer 1-6
Die ersten hundert Meter führten über einen Feldweg, der mit riesigen tiefen Pfützen gespickt war. Sofort staute sich die Menge – die meisten stellten sich tatsächlich brav hintereinander an, um trockenen Fußes auf den schmalen Pfaden zwischen den Pfützen laufen zu können. Nicht so mein Freund und ich: Wie die Haudegen sprangen wir durch die Pfützen und holten uns anerkennende Rufe und Gelächter ein. Die Füße (nicht nur die!) würden ja eh noch nass werden, warum also rumtun 😉
Schließlich ging es einen Wiesenweg runter an den Strand. Jedoch kein Sandstrand, sondern ein Strand aus vielen rutschigen Felsen und losen Steinen. Das reinste Techniktraining – und zwar bis zur ersten Flussdurchquerung bei Kilometer 6! So ein Terrain ist leider meine Schwachstelle, was ich auch immer wieder bei Läufen in den Bergen feststelle. Absolut langsam und vorsichtig tappte ich also die ersten 6 km den Strand entlang und wurde dauernd überholt. Immerhin blieb bei diesem Tempo die Herzfrequenz unten, sodass ich mich gut auf den Untergrund konzentrieren und meine Kräfte für spätere Streckenabschnitte sparen konnte.
Als dann endlich (nach sage und schreibe 40 Minuten für 6 km) der Gonubie River in Sichtweite kam, freute ich mich richtig auf die Abkühlung. Ohne Zögern lief ich ins Wasser und stapfte durch das hüfthohe Wasser ans andere Ufer. Bei dem delphin-schwimmenden Läufer, der mich rechts überholte, sah es definitiv eleganter aus 😉
Kilometer 6-12
Nach dem Fluss-Exkurs ging es nun mit nassen, schweren Schuhen, aber immerhin auf Asphalt, durch Gonubie. Die Stimmung war bombig: Überall standen die Leute vor ihren Häusern, kühlten uns mit Wasserpistolen und Gartenschläuchen ab und boten Trinkpäckchen und Süßes an. Das spornte mich so an, dass ich zwischenzeitlich unter einer 4er-Pace lief. Nach einer Weile rief ich mich jedoch zur Vernunft und lief langsamer – es war ja gerade mal die Hälfte geschafft und ein langes Strandstück mit Gegenwind wartete auf uns.
Trotz meines nun moderaten Tempos überholte ich nun einige, die mich zuvor auf dem Felsstrand hinter sich gelassen hatten. Es ging stetig Auf und Ab, typisch für südafrikanische Ortschaften. Viele Leute riefen mir fröhlich „Go, Lady!“, „Leave the guys behind!“ und ähnliches zu. Und plötzlich: „Yeah, you are the seventh lady!“ . Was? Nach dem Rumgegurke auf den Steinen und meinem inzwischen eingelegten Wohlfühltempo war ich tatsächlich unter den Top 10? Ich freute mich riesig, beschloss aber, es dennoch weiterhin locker angehen zu lassen und mich einfach überraschen zu lassen, welcher Platz am Ende raussprang.
Kilometer 12-18
Nach einer Weile ging es über einen schmalen, versteckten Graspfad wieder zum Strand. Sofort schlug mir ein extremer Gegenwind entgegen. Wir hatten zwar vorher gelesen, dass Wind aus Südwest angesagt war (genau die Richtung, in die wir laufen mussten), aber dass er so stark sein würde, hatte ich nicht erwartet. Also gegenlehnen, in den Meditationsmodus schalten und einfach laufen!
Der Sand war zunächst sehr weich, sodass man bei jedem Schritt tief einsank. Ich machte es mir zum Spiel, auf jeden Stein oder Fels zu treten, der aus dem Sand hervorlugte, um ein bisschen Vortrieb zu bekommen. Nach einer Weile machte es mir richtig Spaß, gegen den Sand und Wind anzukämpfen. Ich fühlte mich einfach nur lebendig und hatte das Gefühl, mit der Natur, statt gegen sie, zu laufen.
Auf den letzten zwei Kilometern wurde der Sand nasser und fester – der Wind dafür nochmal stärker. Ich überholte eine andere Dame, ohne dafür beschleunigen zu müssen. Aber in dem Moment war es mir gleichgültig und ihr vermutlich auch – jeder kämpfte hier genug mit sich selbst, die Zeit oder Platzierung erschien vollkommen irrelevant.
Schließlich erschien der Nahoon River: die zweite und letzte Flussdurchquerung, 500 Meter vor dem Ziel. Ich watete mit schweren Beinen durch den Fluss und freute mich schon auf den Zieleinlauf. Der zog sich jedoch unendlich hin, denn es ging abermals durch tiefen, trockenen Sand. Meine nassen, sandigen Schuhe fühlten sich an wie Betonklötze und ich hatte das Gefühl, dem Zieltor keinen Meter näher zu kommen. Aber irgendwie klappte es doch und ich lief zwischen den jubelnden Zuschauern durchs Ziel – als vierte Frau!
Wow, was für ein Erlebnis! Die Surfers Challenge ist definitiv eine Herausforderung – sowohl körperlich, als auch mental. Währenddessen denkt man immer nur darüber nach, was in diesem Moment zu tun ist: von Fels zu Fels springen, sich durch den Wind schlängeln, sich Schritt für Schritt durch den Sand nach vorne drücken… Diese Abwechslung macht den Lauf extrem interessant und kurzweilig. Dazu die gute Stimmung der Zuschauer und die schöne Landschaft – einfach klasse!
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Wow, ein toller Bericht und supercooles Erlebnis??
Nach dieser Challenge brauchst du definit keine Angst mehr vor deinem ersten Triathlon zu haben!
Danke, Marlen! Solange ich beim Triathlon etwas schneller und eleganter durchs Wasser komme, als bei der Surfers Challenge… 😉