Am 17. März 2019 feierten rund 3000 Läuferinnen und Läufer ihren Saisonauftakt im Elsass. Bei strahlendem Sonnenschein ging es für sie auf den Trail du Petit Ballon oder eine der kürzeren Strecken. Eigentlich wollte ich gemeinsam mit meiner Freundin Julia den Circuit des Grands Crus (28 km, 960 hm) in Angriff nehmen, musste jedoch wegen meiner Verletzung passen. Deshalb gibt es diesmal einen Gastartikel von Julia – merci beaucoup!
Laufen wie Gott in Frankreich
Wo gibt’s denn sowas? Sekt schon bevor man gelaufen ist?
Startunterlagenausgabe auf Französisch hat eben Stil. Aber auch später wird sich noch herausstellen, dass Verpflegung etwas ist, was die Franzosen beherrschen. Und Trailrunning scheinbar auch.
Anders kann ich mir nicht erklären, dass sich an diesem Sonntagmorgen in einem scheinbar verschlafenen Dorf namens Rouffach am Fuße der Vogesen unweit meiner Heimat über 3.000 Läufer in kurzen Hosen, langen Socken und ausgestattet mit vielfältigen Trinksystemen für den Trail du Petit Ballon versammeln.
In mehreren Wellen machen sie sich auf den Weg in Richtung des Petit Ballon. Vier Distanzen stehen zur Auswahl: 54 km / 2200 hm, 28 km / 960 hm, 16 km / 600 hm und 10 km / 300 hm.
Erreichen werden den Gipfel des Petit Ballon nur die Starter der langen Distanz – aber auch auf alle anderen warten abwechslungsreiche Strecken durch Weinberge, Wälder, über Wiesen, auf Schotterwegen, Wurzeltrails und steinigen Pfaden.
Höhenmetersammeln in den Weinbergen
Für mich startet der erste Wettkampf der Saison entspannt um 9:30 Uhr. Die Strecke führt nach einem kurzen Flachstück aus dem Ort heraus ziemlich bald bergauf – und zwar knackig. Ein Auf und Ab auf steilen Rampen durch die Weinberge, bei dem mir meine Beine ziemlich schnell zu verstehen geben, dass ich wohl besser ein paar mehr Höhenmeter in meine bisherige Vorbereitung für den Rennsteigmarathon eingebaut hätte.
Doch der strahlende Sonnenschein (aber auch die heftigen Windböen) und der Ausblick über die hügelige Landschaft lassen das Jammern meiner Waden aus meiner Wahrnehmung verschwinden.
Trotz der selektiven Strecke gleich zu Beginn sieht man weit und breit nur Läufer, die sich wie ein nicht enden wollender Wurm zwischen den Reben schlängeln.
Die Tatsache, dass ich auf den breiteren Schotterwegen bergauf langsam, aber kontinuierlich überholen kann, stimmt mich zunehmend positiv. Ein erstes Grinsen löst ein französischer Zuschauer aus, der mir „Neuvième fille!“ zuruft – neunte Frau. Das klingt doch gar nicht so schlecht, wie ich mich fühle.
Verpflegung und Laufbegleitung en français
Nach 15 km erreiche ich die erste Verpflegungsstation, wo meine Eltern schon warten und mir zusammen mit anderen Zuschauern zurufen „Allez, allez!“.
Allerdings möchte man bei der leckeren Auswahl, die kein Wünsche offen lässt, am liebsten ein längeres Päuschen einlegen. Aber dafür ist jetzt keine Zeit, weiter geht’s.
Auf der zweiten Hälfte komme ich dann so richtig in Stimmung, denn der Weg führt fast die ganze Zeit auf schmalen Trails durch den Wald. Die Kilometer vergehen wie im Fluge. Unterwegs werde ich zeitweise von einem spanischen Franzosen (oder einem französischen Spanier?) begleitet und schaffe es tatsächlich, ein paar Sätze mit ihm auf Französisch zu wechseln.
Endspurt mit Aussicht
Auf den letzten 5 km wird es dann nochmal etwas gedrängter, denn die Teilnehmer der unterschiedlichen Strecken treffen hier aufeinander. Da ich bergab ohnehin nicht die Schnellste bin, ist das jedoch halb so wild, und es gibt auch immer wieder Gelegenheiten, zu überholen. Wenig später führt die Strecke aus dem Wald heraus und man sieht weiter unten den Start- und Zielort Rouffach.
Jetzt geht es schnell, denn so steil wie es am Anfang bergauf ging, geht es nun bergab ins Ziel. Am Ortseingang werde ich von den Zuschauern motiviert, nochmal Gas zu geben, und dann ist es auch schon geschafft.
„2:51 h und am Ende ein 14. Platz bei den Frauen ist doch ganz solide für den Saisoneinstieg“, denke ich mir – und freue mich schon auf Mamas Käsekuchen, der zu Hause darauf wartet, vernichtet zu werden.
Das war sicher nicht meine letzte Laufveranstaltung in Frankreich. Und die Auswahl an Trailläufen ist in dieser Gegend riesig! Es gibt also genügend Gründe wiederzukommen.
Oder, wie man auf Französisch sagen würde: „Je reviendrai!“