Warum direkt hinauf zum Snowdon, wenn man auf dem Weg 4 weitere Gipfel mitnehmen kann? Der Run & Hike führt durch die mystisch-schöne Berglandschaft des Snowdonia Nationalparks in Wales und bietet einsame Wiesenpfade, steile Anstiege und märchenhafte Aussichten.
Mit 1085 m ist der Snowdon der höchste Berg von Wales und England. Auf walisisch heißt er Yr Wyddfa, das Grab. Der Legende nach liegt unter den Steinen und Felsen der Riese Rhita Gawr begraben. Er machte sich einen Spaß daraus, Könige umzubringen und sich aus ihren Bärten einen Mantel zu weben – bis er schließlich vom berühmten King Arthur besiegt wurde.
Heute ist der Snowdon ein beliebtes Wander- und Kletterziel in Wales. Sieben Hauptrouten führen hinauf; einige davon umfassen schwierige Kletterpassagen, andere sind Turnschuhtouristen-tauglich angelegt.
Da ich kein Fan von „kurz & steil“ bin, bastelte ich mir eine eigene Route zusammen. Auf etwa 21 km umfasst sie insgesamt 5 Gipfel und rund 1500 hm. „Steil“ ist zwar auch hier stellenweise unvermeidlich, aber dafür gibt es zwischendurch moderate An- und Abstiege, die gut laufbar und vor allem weniger frequentiert als die Hauptwege sind.
Gipfel #1: Moel Eilio (726 m)
Nach einem kurzen Asphaltstück hinaus aus Llanberis zweigt bald ein zugewucherter Pfad nach links ab. Er schlängelt sich über matschig-nassen Untergrund gleich recht steil hinauf.
Die kniehohen Farngewächse machten es nicht einfach, immer den richtigen Pfad zu treffen. Zum Glück hatte ich mir den GPS-Track auf die Uhr geladen und wurde schnell darauf hingewiesen, wenn ich falsch abgebogen war.
Nach einer Weile lichtet sich der Farn und man gelangt auf einen gut erkennbaren, moderat ansteigenden Wiesenweg. Vor dem finalen, sehr steilen Anstieg auf den 1. Gipfel lohnt sich ein Blick zurück, auf Llanberis und den Lake Padarn.
Dann hieß es: Zähne zusammenbeißen und gegen den Wind hinauf trappen. An Laufen war nicht zu denken, da auf etwa 3,5 km rund 550 hm zu bewältigen sind.
Doch der Ausblick vom Moel Eilio lohnt sich: Nordöstlich liegen Llanberis und der Lake Padarn, nordwestlich blickt man auf die historischen Gemäuer von Caernafon, das Meer und den Menai Strait.
Südöstlich thront der Snowdon – auf meiner Tour ziemlich bedrohlich in dunkle Wolken gehüllt. Einladend!
Gipfel #2 und #3: Foel Gron (629 m) und Foel Groch (831 m)
Nach einer kurzen Verschnaufpause lief ich vom Moel Eilio über Wiesen- und Weidefläche in hügeligem Auf und Ab zu den nächsten zwei Gipfeln. „Gipfel“ scheint mir etwas übertrieben, da der Foel Gron und der Foel Groch eher zwei Grasplateaus sind.
Nichtsdestotrotz hat man einen schönen Ausblick auf die umliegenden Berge und Seen. Man darf sich nur nicht vom starken Wind beirren lassen! Diese Passage ist sehr wenig frequentiert – bis auf einen einzigen, ziemlich schnellen Bergläufer in kurzen Hosen und Top (brrr!) begegnete mir hier niemand.
Gipfel #4: Moel Cynghorion (674 m)
Nach einem flotten Abstieg vom Foel Groch führt erneut ein steiler Wiesenpfad auf den Moel Cynghorion. Zusätzlich zum Wind geriet ich hier in einen kurzen, aber heftigen Regenschauer – mit so etwas muss man in Snowdonia immer rechnen!
Den schönen Ausblick auf den Cwellyn Lake genoss ich trotzdem.
Auf diesem Abschnitt freute ich mich besonders über meine bewährte, winddichte Regenjacke sowie die Windstopper-Handschuhe, die ich noch kurz vor meinem Aufbruch in Llanberis besorgt hatte. Mit dem richtigen Equipment und der richtigen Einstellung gibt es eben kein schlechtes Wetter!
Gipfel #5: Snowdon (1085 m)
Nach einem recht rutschigen Abstieg vom Moel Cynghorion über eine Schafweide gelangt man auf den Snowdon Ranger Path. Er ist einer der ältesten und technisch einfacheren Aufstiegen zum Snowdon.
Aber nicht minder anstrengend! Auf den verbleibenden 4 km bis zum Gipfel sind rund 500 hm zu bewältigen, teilweise über 200 hm pro km. Zunächst auf einem schmalen, felsigen Pfad, später auf einem breiten Geröllweg.
Theoretisch hat man beim Aufstieg schon bald den Gipfel im Blick – auf meiner Tour war er leider komplett in Nebel gehüllt. Immerhin hatte es wieder aufgehört zu regnen. Doch es war sehr windig und die Temperaturen fielen. Also wanderte ich (einigermaßen) flotten Schrittes hinauf.
Sobald der Snowdon Ranger Path auf dem letzten Kilometer auf den populären Llanberis Path trifft, ist „flott“ jedoch aufgrund Unmengen an Touristen nur noch bedingt möglich.
Oben am Gipfel gab es sogar trotz Nebelbrühe eine Schlange für „individuelle“ Gipfelfotos! Geschenkt – da trank ich lieber nur schnell einen warmen Tee und machte mich an den finalen Abstieg.
Der war ganz witzig, da man sich als Läufer ins Fäustchen lachen und zwischen den vielen Wanderern hindurch springen kann. Dazu kann man, aufgrund des technisch einfachen, breiten Weges, die Aussicht genießen. Wie eine Spielzeugeisenbahn schlängelt sich die Zahnradbahn auf dem Snowdon Mountain Railway durch die Landschaft.
Nach einem letzten steilen Asphaltstück (uh, meine armen Knie!) erreichte ich schließlich nach rund 4 Stunden (inklusive Pausen) meinen Ausgangsort Llanberis.
Eine landschaftlich beeindruckende Tour, größtenteils abseits der Haupt-Touristenströme. Bezüglich des Wetters sollte man im Snowdonia Nationalpark immer auf alles gefasst sein: selbst wenn es unten im Tal warm ist und die Sonne scheint, kann es weiter oben sehr neblig, windig, regnerisch und kühl sein.
Übrigens: Wer den Snowdon ein bisschen flotter als ich erklimmen möchte, hat jeden Juli die Möglichkeit, am Snowdon Race teilzunehmen. Die schnellsten Läufer meistern den direkten Auf- und Abstieg über den Llanberis Path in 1:05 h…!